Streaming-Dienste gewinnen immer neue Hörer, gleichzeitig verlieren das Radio und die CD an Relevanz. Diese Entwicklung ist nicht neu, hat sich aber den vergangenen Monaten beschleunigt, wie eine Untersuchung der Unternehmensberatung Deloitte zeigt. Zwei Faktoren spielen eine Rolle: Die Corona-Pandemie und die Beliebtheit von Podcasts.
Das Deloitte Sector Briefing untersucht, wie sich die Audio-Nutzung entwickelt und worauf sich die Medienbranche einstellen muss. Zu Beginn der Pandemie gab es einen richtigen Audio-Boom, allerdings ist fraglich, wieviel von dieser zusätzlichen Content-Nutzung nach Ende der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen in der „neuen Normalität“ bleiben wird. Die Studienergebnisse zeigen: Der Audiobereich folgt einem Trend, der auch in anderen Arbeits- und Lebensbereichen sowie weiteren Mediengattungen beobachtet werden kann: Das Neue, Digitale gewinnt in der Pandemie weiter an Bedeutung, während traditionelle, ohnehin im Abwärtstrend befindliche Angebote noch schneller an Bedeutung verlieren.
Klaus Böhm ist der Leiter des Bereichs Media & Entertainment bei Deloitte. Er betont: „Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung, wenn wir uns Streaming und Radio genauer anschauen. Innerhalb weniger Monate ist der Anteil täglicher Hörer von Spotify, Deezer & Co. um beachtliche 5 Prozentpunkte gestiegen. Eigentlich hatte sich das Wachstum im Streamingbereich zuletzt deutlich verlangsamt, doch die Pandemie wirkt hier als digitaler Booster.“
Die Entwicklung beim Radio zeigt in die exakt umgekehrte Richtung. Dessen Hörerschaft ist gegenüber der Zeit vor dem ersten Lockdown innerhalb weniger Monate um weitere 3 Prozentpunkte gesunken. Damit setzt sich ein kontinuierlicher Abwärtstrend fort. 2016 hörten noch 66 Prozent der Deutschen täglich Radio, inzwischen sind es nur noch 54 Prozent.
Vor allem bei jungen Menschen verliert das Radio an Bedeutung: Nur noch ein Drittel der Mediennutzer unter 25 Jahren hört täglich Radio. Streamingdienste nutzen täglich 54 Prozent bei den 19- bis 24-Jährigen und sogar 71 Prozent bei den 14- bis 18-Jährigen. Wirklich treue Radiohörer findet man nur bei den über 65-Jährigen: Hier hören noch immer 71 Prozent täglich Radio und nur 2 Prozent nutzen täglich Streamingdienste.
Podcasts sind auch kein Trend mehr, sondern im Mainstream angekommen: Inzwischen hört in Deutschland jeder Zweite mehr oder weniger regelmäßig Podcasts. Und gibt es wohl kaum noch Themen, zu denen es keinen Podcast gibt – hier findet jeder etwas Passendes. So wissen auch nur noch 5 Prozent der Deutschen gar nicht, was Podcasts sind, ein deutliches Zeichen dafür, dass das Format kein Trend mehr, sondern im Mainstream angekommen ist.